Berliner Ortsteile

Ortsteil Berlin Wilmersdorf im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf

Die erste urkundliche Erwähnung von Wilmersdorf stammt aus dem Jahre 1293 in einem vom Markgrafen Albrecht III. († 1300) von Brandenburg ausgestellten Dokument. Es gehörte bis Mitte des 17. Jahrhunderts zu einem Teil den Familien Wilmerstorff bzw. Blumenhagen, Brügge und Hake sowie dem Spandauer Kloster. Seit 1562 gehörten das Dorf und später auch das Freigut den Brandenburgischen Kurfürsten, ab 1506 unterstand es dem Amt Mühlenhof. Später wechselte es häufig den Besitzer. Es blieb bis zum 19. Jahrhundert ein kleines bäuerliches Angerdorf und hatte 1840 erst 556 Einwohner. Mit der Ablösung der Feudallasten und der Separation erlebte der Ort einen ersten größeren Aufschwung. Durch die Ansiedlung zahlreicher Handwerker und Gewerbetreibender wuchs die Bevölkerung bis 1871 auf 1.662 Einwohner an. Es entstand die Vision, Wilmersdorf mit der sich ausdehnenden Hauptstadt Berlin zu verbinden. Der Unternehmer Johann Anton Wilhelm Carstenn wollte zu diesem Zweck auf dem von ihm 1870 gekauften Gelände des ehemaligen Wilmersdorfer Rittergutes eine Landhaussiedlung errichten (Carstenn-Figur). Erst Anfang der 1890er Jahre begann die Bebauung der Carstennschen Erschließungen mit fünfgeschossigen Mietshäusern. Bedingt durch die Nähe zu Berlin vollzog sich nach 1871 eine rasche Entwicklung. 1872 entstand auf dem zum Rittergut gehörenden Oberfeld die Landhauskolonie Friedenau. Einen maßgeblichen Anteil an der Entwicklung des "Neuen Westens" hatte Fürst Otto von Bismarck. Er setzte sich dafür ein, dass der preußische Forstfiskus größere Waldflächen zur Erschließung der Villenkolonie Grunewald an die unter der Ägide der Deutschen Bank stehende Kurfürstendamm-Gesellschaft abtrat, die sich ihrerseits verpflichten musste, den Kurfürstendamm auszubauen. Am Ausbau des Kurfürstendamms und der Gründung der Villenkolonie Grunewald war auch der Bankier Carl Fürstenberg beteiligt. Auf seine Initiative geht auch die Erschließung des Hohenzollerndamms zurück. Die Gegend wurde für die Berliner auch als Ausflugsort attraktiv. Zu einem der bedeutendsten Ausflugslokale entwickelte sich das in den 1880er Jahren sehr populäre "Seebad Wilmersdorf" von Otto Schramm am heutigen Volkspark, zu dem auch ein Tanzpalast für die vergnügungssüchtigen Berliner gehörte. Moderne Vergnügungszentren wie z. B. der 1910 entstandene Lunapark lösten die alten Tanz- und Ausflugslokale ab. Mit rapider Geschwindigkeit wuchs Wilmersdorf zu einer Großstadt heran, so dass 1910 fast 110.000 Einwohner gezählt werden konnten. Am 31. Oktober 1906 war die Gemeinde unter dem Namen Deutsch-Wilmersdorf Stadt geworden und am 1. April 1907 als eigener Stadtkreis aus dem Kreis Teltow ausgeschieden. Die bis 1913 erfolgte Fertigstellung der U-Bahnstrecke vom Wittenbergplatz bis Krumme Lanke war die Voraussetzung für die Realisierung weiterer Bauvorhaben außerhalb des S-Bahn-Ringes (Rheinisches Viertel). Mit der Bildung der neuen Stadtgemeinde Berlin im Jahre 1920 entstand aus der Stadt Wilmersdorf, den Landgemeinden Schmargendorf und Grunewald sowie dem Gebiet Grunewald-Forst der 9. Verwaltungsbezirk von Berlin, Wilmersdorf. Der Stadtbezirk war von großstädtischen Mietshausquartieren und dem Villengürtel am Grunewald geprägt. Seine Lage machte ihn zum gutbürgerlichen Bezirk mit hohem sozialen Niveau. Besonders Künstler, Schriftsteller und andere Intellektuelle fühlten sich von der interessanten Mischung aus pulsierender Großstadt rund um den Kurfürstendamm und Natur im nah gelegenen Grunewald angezogen. Ende der 1920er Jahre entstand um den damaligen Laubenheimer Platz (heute Ludwig-Barnay-Platz) die Künstlerkolonie. Wilmersdorf war außerdem mit 15 Prozent der Bezirk mit dem höchsten Anteil jüdischer Bevölkerung. Nach Errichtung der NS-Diktatur 1933 mussten ein Großteil dieser jüdischen Mitbürger und verfolgten Künstler emigrieren. Wilmersdorf entwickelte sich zu einem Verwaltungszentrum des NS-Staates. Verwaltungsgebäude der Deutschen Arbeitsfront, des Reichsarbeitsdienstes oder des Oberkommandos des Heeres befanden sich hier. 1938 erfolgte eine Veränderung der Verwaltungsgrenzen. Dadurch verlor Wilmersdorf den südlichen Teil von Grunewald-Forst an Zehlendorf und die Siedlung Eichkamp an Charlottenburg. Während des Zweiten Weltkrieges wurden durch alliierte Bombenangriffe ein großer Teil der historischen Bausubstanz und fast die Hälfte aller Wohnungen zerstört. Der Wiederaufbau nach 1945 orientierte sich zeitweise stark am Autoverkehr. Die Wohnanlage Autobahnüberbauung Schlangenbader Straße mit mehr als tausend Wohnungen ist ein spektakuläres Beispiel für den Versuch, Wohn- und Verkehrsprobleme zu lösen. Zwar ist das heutige Wilmersdorf überwiegend ein Wohngebiet, doch werden hier auch mit der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) und verschiedenen Senatsverwaltungen zentrale Verwaltungsaufgaben wahrgenommen. Kulturelle und wissenschaftliche Institutionen sind ebenfalls in großer Zahl hier vorhanden. Mit seinen weit bekannten Straßen und Plätzen, Bühnen, Galerien, Geschäften, Restaurants und Kneipen ist Wilmersdorf auch für Touristen aus dem In- und Ausland ein bedeutender Anziehungspunkt.